6
Feb
2010

Selbstbild

Ich bin mein Zeichnen, auch wenn es manchmal nur Gekrakel ist
Ich bin jedes Wort das ich schreibe, auch wenn ich nicht die Ewigkeit dieser Worte besitze
Ich mag es verliebt zu sein
Ich verliebe mich schwer, doch nie schwerer als beim ersten Mal.
Ich kenne die Regeln vom Spiel und breche sie manchmal – nicht um zu gewinnen, sondern um zu sehen, warum sie wichtig sind
Ich mag Berührungen, ich mag meine Haut auf fremder Haut
Ich bin ein Träumer
Ich bin ein wandelndes Häufchen Sehnsüchte nach widersprüchlichen Dingen
Ich bin ein Gewohnheitstier, egal was ich mache, ich treibe es weiter aus reiner Gewohnheit.
Wenn ich los gehe, gehe ich ohne Ziel und gehe weiter bis mich etwas zum anhalten bringt.
Wenn ich stehen bleibe setze ich meinen Weg allerdings meistens nicht mehr fort.
Ich bin Pink Floyd, Musik in die ich mich verliebt habe zu einer Zeit wo niemand in meinem Alter etwas damit anfangen konnte. Ich bin jeder Glockenschlag von High Hopes, ich schwimme in einem Fischglas und laufe immer wieder über den selben alten Untergrund.
Ich bin mein Traum vom Fliegen der seit Jahren in mir schlummert und nun erwacht ist und rebelliert gegen dieses in mir eingesperrt sein.
Ich bin meine Gedanken, ein chaotischer Haufen Erfahrungen, Gefühle und Fehler
Ich bin ein Mensch der nichts in seinem Leben bereut, auch nicht die Dummheiten
Ich kann keinen vergangenen Tag in meinem Leben ungeschehen machen
Ich bin meine Hand auf deinen Schultern und über deinem Herz und in deinem Haar
Ich bin mein Gefühl für die Menschen, ich bin Liebe, Angst und manchmal sogar Ekel
Ich bin meine Unzufriedenheit, meine Zweifel und mein Stolz
Ich bin mein Kopf an deiner Schulter, den ich manchmal nicht mehr halten kann
Und ich bin meine Lippen leicht auf deiner Wange und die Unentschlossenheit im nächsten Moment
Ich bin meine Tränen und mein Tanz.
Ich fühle mich manchmal groß und plump
Ich fühle mich manchmal versteckt wie hinter einer Maske, aber ich kann nicht sagen, dass diese Maske nicht genauso mein Gesicht ist wie jedes offene Lächeln wenn ich etwas liebevoll betrachte.
Ich bin naiv und jung
Ich bin ein stiller Beobachter im Hintergrund
Ich riskiere entweder zu viel oder zu wenig
Ich stecke alles hinein wenn mich etwas oder jemand interessiert
Ich bin meine Ausdauer, meine Geduld und meine Ausreden
Ich versinke in jeder Geschichte die ich lese und ich lese langsam, lese mir in meinem Kopf selbst vor
Ich fühle mich manchmal unecht, wie ein Charakter in meiner eigenen Lebensgeschichte
Ich spiele manchmal nicht die Hauptrolle, manchmal kommentiere ich nur mein Leben
Ich weiß was ich nicht will, aber ich weiß nicht bestimmt was ich doch will
Ich verändere mich mit der Jahreszeit, ich bin frei im Sommer und unzufrieden im Herbst, ich bin im Winter gerne allein und im Frühjahr hab ich einen Überschuss an Zuneigung
Ich bin launisch und ich möchte alles selbst lernen und selbst können
Ich bin gern unterwegs und sehe einfach nur aus dem Fenster, die Landschaft vorbeiziehen
Ich hab gestern zu viel getrunken und das typische Liebeslischen Klischee erfüllt
Ich hab schlechte Angewohnheiten, obwohl ich mir nicht immer sicher bin, ob sie wirklich schlecht sind, meistens sind sie einfach nur gewöhnlich
Ich ertappe mich manchmal dabei, etwas perfekt können zu wollen und wie ich mich damit selbst unter Druck setze. Dann hör ich auf damit, meistens macht es mich gut aber langsam
Ich bin ein direkter Mensch, wenn ich etwas will gehe ich direkt darauf zu
Ich bin ein vorsichtiger Mensch, wenn ich etwas zu verlieren habe gehe ich subtil und sehr überlegt vor
Ich bin ein ehrlicher Mensch, für's lügen bin ich zu faul

30
Jan
2010

Huidijehidie

Ich hab gestern einen Narren gefressen, man könnte auch sagen, ich hab die Liebe meines Lebens gefunden, oder meine Bestimmung, oder den Sinn im Leben, oder den Traum den man sich erfüllt um danach nie wieder traurig sein zu können. Seit 6 Jahren rede ich davon, immer beginnend mit „irgendwann, wenn ich’s mir leisten kann…“ Und gestern bin ich tatsächlich meine ersten 5 Meter an einem Paragleiterschirm hängend geflogen… laufen laufen laufen laufen laufen, hinter mir hebt sich der schirm, zieht mich zurück, laufen laufen laufen, steigt hoch, steigt über mich, kurz an den Bremsen ziehn, nicht stehen bleiben, weiter laufen laufen laufen laufen, bis ich den boden unter den füßen verliert, und es zwei Sekunden lang genießen und dann nicht wissen was man als nächstes tun soll und irgendwie war der schirm schneller vorne als ich und zog über meinen Kopf hinweg, und da war der Boden wieder, Bauchfleckbruchlandung Kopf voran in den Schnee, nicht sehr elegant… aber es war ein Spaß… und ich freu mich schon so dumm und dämlich drauf wenn im Frühjahr der Kurs anfängt. Weil jetzt hab ich Zeit und jetzt kann ich’s mir leisten.

27
Jan
2010

Irgendwann bist du alt

Gestern hat mir mein Arbeitskollege in der Arbeit etwas von sich erzählt, das mich wieder mal zum nachdenken gebracht hat. Er war zweimal verheiratet, hatte aus erster Ehe ein Kind, ließ sich dann scheiden (warum, hat er mir nicht erzählt) und fand seine zweite Frau. Die allein erziehende Mutter war, und im gleichen Haus wohnte, und er lernte sie näher kennen und war 21 Jahre lang mit ihr verheiratet. Vor zwei Jahren hat er sie dann zu Hause mit einem anderen Mann gefunden, die Scheidung eingereicht und ist seither allein. Er ist 54 Jahre alt. Er arbeitet in dem Restaurant in dem ich seit Oktober arbeite seit 19 Jahren und ist somit der älteste Mitarbeiter. Eigentlich wollte er auf einem Kreuzfahrtschiff in der Südsee arbeiten - aber dann kam die Familie dazwischen.
Heute ist er allein und die Knie tun ihm weh, und das Kreuz. Er fährt alle 10 Tage nach Hause, für 4 Tage in ein leeres Haus. Dann kommt er wieder und arbeitet. Früher war er sportlich, seit der Scheidung raucht er.

Ich habe immer die Beziehung meiner Eltern als Vorbild gehabt. Eine funktionierende Familie. Ein großes Haus, 4 Kinder, sie sind glücklich so wie sie's zu Hause haben. Basteln mal hier, mal dort am Haus und Garten herum, engagieren sich in der Gemeinde, sie sind wunderbar sesshaft.

Ich denke, ich hab meine sämtlichen Beziehungen gehabt, weil ich auch so eine Partnerschaft gesucht hab. Und ich denke, dass ich jede einzelne in den Sand gesetzt hab, weil ich eigentlich gar nicht gebunden sein will.

Vor fast 5 Monaten hab ich mein Leben über den Haufen geworfen. Hab mich dafür entschieden nicht den Lebensweg meines Vaters zu nehmen, nicht Krankenschwester zu werden, hab die Schule abgebrochen, bin von zu Hause ausgezogen und bei meinem damaligen Freund eingezogen, in ein fremdes Leben hinein, in das ich auch nicht richtig gepasst hab, in das ich nicht hineingehört hab, in das nächste Gefängnis, hab mir einen Job gesucht, hab mit meinen Launen meinen Freund in die Flucht geschlagen und mich schlussendlich auf die Suche nach einer eigenen Wohnung gemacht. Hab sie gefunden. Hab mich unabhängig gemacht.

Heute bin ich das erste Mal in meinem Leben ungebunden. Ich verdiene mein eigenes Geld, ich lebe in einer WG mit Leuten denen ich nichts schuldig bin außer die Miete jeden Monat.

Ich werde in einem Monat zu studiern anfangen und mir im Frühjahr den Traum vom Fliegen erfüllen.

Jemand hat mir vor ein paar Tagen gesagt, dass mein einziges Problem wäre, dass ich meinen inneren Friede nicht finde. Er kennt mich nicht besonders gut, er gibt nur gern Ratschläge, denn er kifft zuviel und glaubt daher, er hat die Welt verstanden. Er kann nicht sehen, dass ich meinen Frieden schon längst habe. Ich erfüll mir Träume, die vor einem halben Jahr noch unendlich weit weg, fast unerreichbar erschienen. Ich hab sie mir damals unerreichbar gemacht, weil ich mir kaum Zeit für mich genommen habe, weil ich angebunden war an mein zuhause, an meine Beziehung, an meine Ausbildung.

Ich weiß nicht was ich eines Tages mit meinem Geschichtsstudium anfange, aber es interessiert mich.


Ein guter Motivator war ein Satz, der in den letzten Monaten irgendwie eine besondere Bedeutung bekommen hat... "Weißt du, irgendwann bist du alt."

Daran ist nicht zu rütteln.



(und ich höre "Manfred Mustermann" - Blumentopf)

19
Jan
2010

Insomnia

ratter, ratter, ratter, ratter
ich bin dein Gehirn und ich arbeite
24 Stunden am Tag
ich bin dein Bewusstsein und ich schalte nie ab
ich lass dich nie zur Ruhe kommen
ich bin dein Körper der müde ist
erschöpft, erledigt, völlig fertig
der sich die ganze Nacht von einer seite zur anderen dreht
herum wälzt
ich bin nervös, unentspannt
ich laufe auf hochtouren
es ist Mitternacht und ich liege wach
es ist dunkel, aber das Licht der Straßenlaterne draußen
wirft helle orange Vierecke auf meine Vorhänge
Erdgeschoss war die falsche Entscheidung
ich bin die Geschichtenerzählerin
die mitten in deinem Kopf rumspringt wie ein Kind und dir Unsinn erzählt, ungereimtes, unsinniges Zeug
ich kann nicht schlafen.
nicht einschlafen und nicht durchschlafen
es ist drei in der Nacht
ich bin nervös, immer noch und mein Kopf sagt
"nur mehr drei Stunden, nur mehr drei Stunden, nur mehr drei Stunden, nur mehr drei Stunden, nur mehr drei Stunden..."
mein Verstand brüllt mich an "schlaf endlich ein! verdammt, schlaf ein! jetzt! tu es endlich, du musst schlafen, du musst dich ausruhn, du brauchst den schlaf, also dämmer endlich weg, verdammt!"
Stress. Mein ganzer Körper und vor allem der Kopf stehen total unter Stress. Unentspannt.
ratter, ratter, ratter, ratter, ratter
Vielleicht liegts daran, dass ich meistens erst nach Mitternacht schlafen gehe... Vielleicht liegts daran dass ich alleine schlafe... Vielleicht sollte im Hintergrund was laufen und es ist einfach nur zu leise... Vielleicht ist es trotz der Vorhänge noch zu hell...
Es ist halb 6 in der Früh... hab ich schon geschlafen?
Ich weiß es nicht...
Aber ich hab auch nur mehr eine Stunde Zeit
"Nur mehr eine Stunde, nur mehr eine Stunde, nur mehr eine Stunde, nur mehr eine Stunde, nur mehr eine Stunde..."
verdammt.
"schlaf endlich ein!"
... frunstration und verzweiflung macht sich breit
"es geht nicht... ich will ja, aber es geht nicht, hör auf mich anzuschrein!"
blöder Verstand.

20 nach 6, mein Wecker läutet.
Ein Geräusch bei dem ich mich von Gott und der Welt verarscht fühle. Pipsender Sarkasmus, mit fettem Grinsen sagt mir der heutige Arbeitstag "Guten Morgen! Raus aus den Federn, du Faulpelz!"

...
es geht jetzt schon seit Monaten so
und ich will doch einfach nur schlafen...

13
Jan
2010

das Gefühl von Unendlichkeit im Inneren

Kennst du das Gefühl, wenn du hungrig im ganzen Haus herumläufst und alles findest was du suchst, aber du in dem Moment wo du’s findest drauf kommst, dass du keinen Appetit drauf hast? Dich aber ausgehungert fühlst, dich mit was vollstopfen willst weil du dich so leer fühlst… Den Kühlschrank aufmachst und er voll ist, aber einfach nicht „das Richtige“ dabei ist… weil du in Wirklichkeit einen anderen Hunger hast und gar nichts zu essen suchst, sondern was anderes… das eben nicht da ist…
...
Kennst du das Gefühl wenn du nachts allein in deinem Bett liegst und die Augen nicht schließen kannst? Wenn du das Ticken der Zeit hören kannst ohne dass eine Uhr in der Nähe ist? Dass du spürst wie die Zeit vergeht, wie du älter wirst und nichts passiert? Wie der Stress kommt weil dein Kopf nicht aufhört zu arbeiten und dich dein Verstand mit der Zeit anschreit wie wenig Sinn es macht nicht zu schlafen und du nur lautlos zurückschreien kannst, dass du das weißt, aber es nicht ändern kannst weil dir dein Geist nicht mehr gehorcht, nicht schlafen will wenn du es ihm sagst.
...
Kennst du das Gefühl wenn du dich nicht entscheiden kannst, müde bist, es leid bist in der Luft zu hängen? Wenn du dich selbst zwingen willst mit den blöden „was wäre wenn“-fragen aufzuhören… Und es dir nicht gelingt? Und du erkennst, dass es nur einen Weg gibt es zu stoppen – nämlich sich für den Weg zu entscheiden der am unwahrscheinlichsten ein gutes Ende nehmen wird. Weil du dann scheiterst, ganz unten ankommst und von vorne anfangen musst – wieder von ganz vorne, nur mit dem einen Unterschied, dass es diesmal nurmehr Plan B gibt.
...
Kennst du das Gefühl wenn du in den Abgrund springst weil du die Überwindung brauchst, fällst, alles verlierst, es dir egal ist und du zehn Meter vor dem Aufschlag am Boden auf einem riesig großen Adler landest und alles gut wird, sogar noch besser als vorher?
...
Ich hab nur mehr Plan B, ich will gar nicht schlafen, und ich stehe oben an der Kante des Abgrundes und hungere danach endlich zu springen… weil ich den Adler sehen kann und mein Geist an nichts anderes mehr denken will als ans Fliegen.

8
Jan
2010

sodom und gomorrha

dass unsere Welt verfällt ist durchaus eine Wahrheit die ich nicht bestreiten möchte, aber wir kommen lediglich vom Regen in die Traufe. Was gibt es lasterhaftes heute, das vor hundert oder tausend Jahren nicht genauso gewesen wäre? Bringen sich die Leute heute nicht genauso gegenseitig um wie seit eh und jeh? Gibt es Unterdrückung und Machtspiele nicht schon seit der Steinzeit? Sind alles Urtriebe, das psychologische "Es" das sich nie ganz vom "über ich" geschweige denn vom "ich" beherrschen lassen wird.

Franz Joseph Strauß sagte "Wenn der Zug in die falsche Richtung fährt, sind alle Stationen falsch"
Unser Zug ist vielleicht von Anfang an in die falsche Richtung gefahren und alle Intelligenz dieser Welt haben wir nur dazu genutzt eben diese für den Moment und uns selbst und unser "Es" zu formen. Wenig nachhaltig, ein recht schmaler Horizont, ein Brett vorm Kopf. Tief drinnen in uns sitzt nicht die reine unsterbliche Seele, tief drinnen sitzen animalische Gelüste. Und sie sind auch nicht in einem goldenen Käfig sondern in Ketten in einem Kerkerverlies. Sie sind leise Stimmen die immer flüstern und drängen und verführen. Gefüttert von Stolz, Angst, Rache, Verzweiflung.

Warum verbringe ich meinen Urlaub am Land bei meinen Eltern? In einem riesigen Bauernhaus? Mit einem großen Garten und nichts als Wälder und Felder rund herum? Warum geh ich jeden Tag allein in den Wald spaziern, begleitet nur von Musik aus meinem MP3-player. Warum läuft darauf "Hurt" von Johnny Cash? "Society" von Eddie Vedder? Pink Floyd? Bob Marley? Blumen und Farben? Love, Peace and Freedom gleich neben dokumentiertem menschlichem Verfall?
Warum sind meine Vorhänge in Wien 24 stunden am Tag zugezogen? Sperren die Welt hinaus und mich hinein. Warum verbring ich 90 prozent meiner Freizeit in meinem hochbett, schlafen, surfen, schreiben, lesen, essen.
Warum hab ich Kontakt zu meinen Arbeitskollegen und zu meinen engsten Freunden und zu sonst niemandem?

Gegenfrage:
Warum sind zwei drittel der Filme in der Videothek Müll? Warum werden Frauen fast immer als Sexobjekt hingestellt und Männer immer die Deppen die nie erwachsen werden? Warum können sogar Volksschüler die Kronenzeitung ohne Problem lesen weil ihr Wortschatz dafür leicht ausreicht? Warum scheint jegliche Grundbildung mit der vierten Klasse Hauptschule abgeschlossen zu sein und warum denken so viele Leute, dass sie danach nichts weiter mehr zu wissen brauchen? Warum gibt es sprichwörter wie "des kleinen Mannes sonnenschein ist ficken und besoffen sein"? Warum teilt sich die Menschheit in eine Elite, die Technologien entwickelt um auf anderen Planeten zu landen und in eine niedere Klasse in der man den Wert eines Mannes daran misst wievielen Frauen er schon seinen Schwanz ins Gesicht gehalten hat? Warum gibt es soviele Menschen die daheim sitzen und übers Fernsehen zusehen wie sich die Tussis von diesem komischen Typ, der mit der riesigen Uhr um den Hals, gegenseitig die Haare ausreissen weil sie auf sein Geld scharf sind. Und warum gibts diese Tussis überhaupt? Wie weit sind wir mit unserer Intelligenz gekommen? Und warum ist sie offensichtlich so ungleich verteilt? Und wir fragen uns warum alle Reichtümer so ungleich verteilt sind. Warum die Macht von einigen Wenigen ausgeht. Warum es Kriege gibt. Und Erniedrigung. und Enttäuschung.

Ich weiß es nicht. Das einzige das ich tun kann ist "streiken". einfach nicht mitmachen. Nicht Teil sein dieser Welt, die von Besessenen regiert und von Dummen zerstört wird.

Ich vergrab mich lieber in meinen Büchern, in meinen Geschichten. In meinen Gedanken. In meinem eigenen Kopf.

4
Jan
2010

im zug

Was mich so grundlegend von meiner Schwester unterscheidet, ist, dass sie es sich nicht traut sich zu verlieben aus Angst verletzt zu werden. Einmal ein großes Loch ins Herz gerissen heilt das schwer und sie versucht nun einfach nur kein weiteres mehr zu riskieren. Ich dagegen würde mich wahrscheinlich in jeden Menschen verlieben, wenn auch nur für wenige Momente und auch nicht immer mit Erfolg. Natürlich hab ich auch die Wunden und Risse im Herz, sicherlich erging es mir auch schlecht, ich hab genauso tagelang geweint und über Wochen und Monate an Schlaflosigkeit und Appetitmangel gelitten, mein Hirn ratterte den ganzen Tag im Kreis herum und ich war verletzt. Ich bin immer noch verletzt. Ich wurde auf jede Art beleidigt auf die man mich beleidigen kann, ich wurde erniedrigt, ausgelacht, ignoriert und hintergangen, ausgenutzt und belogen. Ich bin die betrogene Freundin und die verzweifelt liebende Ex, die heimliche Geliebte und das armselige „nein-doch-nicht“. Redet man von Herzen die ein großes Loch haben bin ich der Emmentaler in Valentinstagsverpackung, der gammelig im Kühlschrank liegt und hin und wieder von meiner großen Liebe aufgetaut wird, nur um dann wieder zurück gelegt zu werden. Ich bin ein verschmähtes Stück Käse, wenn man’s so will. Aber ich hab nicht verlernt mich zu verlieben. Ich hab im Laufe der Zeit nur dazugelernt – unter anderem, dass Geduld eine wertvolle Tugend ist, dass Liebe nicht immer nur ein romantisches Gesicht hat, aber sie es selbst in der hässlichsten Gestalt wert ist, darum zu kämpfen. Dass ich nichts verändern, aber beeinflussen kann. Dass ich Verantwortung trage für jeden den ich „sich in mich verlieben“ lasse. Dass ich nicht sagen kann „mit deinen Gefühlen musst du selbst zurecht kommen.“ Dass ich kein kalter Mensch sein kann, dass ich den Respekt gegenüber anderer Gefühle nicht unterdrücken kann nur um mich selbst zu schützen. Dass ich keine Herzen mehr brechen möchte, auch wenn das heißt, dass ich selbst auf Zärtlichkeiten, Aufmerksamkeit und Nähe verzichten muss. Dass ich keine falschen Hoffnungen mehr entstehen lasse, dass ich die Karten auf den Tisch legen muss bevor ich etwas tu das ich später bereuen werde – vor allem wenn ich weiß, dass ich es später bereuen werde. Dass ich keine schlimmen Fehler mehr mutwillig begehe obwohl ich weiß dass sie falsch sind.
Das sind meine Vorsätze fürs nächste Jahr. Für die nächste Liebe – auf die ich von mir aus ewig warte. Keine Beziehungen mehr in die ich „so reinrutsche“ und dann nicht weiß wie ich wieder raus komm. Keine ONSs mehr mit Männern die dann hoffen, dass ich die Retterin in der Not bin, die „große eine wahnsinnige Liebe“ mit der alles besser und schöner wird. Dass ich die Liebe zulasse zu gegebener Zeit, aber verantwortungsbewusst und nicht mehr so draufgängerisch, ohne Rücksicht auf Verluste. Wäre meine Schwester ein bisschen mehr wie ich und ich ein bisschen mehr wie meine Schwester, könnte jeder Mann mit uns glücklich werden. So wie’s momentan läuft bin ich zu lieb und sie zu kalt. Ich bin zu offen, sie zu verschlossen (zumindest was die Liebe angeht, in allen anderen Lebensbereichen ist es wohl eher umgekehrt).
Während ich das schreibe sitze ich im Zug heim nach Amstetten, im Abteil sitzen zwei Männer, die sich lallend unterhalten, aus einer Tetrapackung Wein trinken und mich hin und wieder für ein „und wo fährst du hin?“ und ein „sag amal, was schreibst du da eigentlich? Was Privates oder was Dienstliches? Und des geht so einfach von der Hand?“ unterbrechen.
Alkoholiker. Nicht unbedingt unfreundlich aber ungepflegt. Und die Fahne roch man schon als sie reinkamen. Inzwischen ist das Tetrapack leer und im heraus klappbaren Mistkübel verschwunden, aber der Geruch nach traurigen alten Männern, abhängig vom Alkohol - der auf der einen Seite das Laster auf der anderen vermeintlich die Lösung darstellt - hängt noch in der Luft. Ausatmen. Die betrunkene Armseligkeit von alten Hoffnungen und alter Liebe und alten Träumen und falschen Freunden und schlechten Angewohnheiten sammelt sich mit jedem Liter ausgeatmeter Luft im Abteil.
Durch meine Kopfhörer grenze ich mich ab, und durch den Bildschirm des Laptops, hinter dem ich mich halb verborgen sicher abgeschottet fühle.
„Du kannst nicht jeden retten, Hasselhoff“ hat das Meerschweinchen in Dr. Doolittle gesagt. Und ich kann keinen gammeligen, traurigen Hasselhoff retten.
Und einmal mehr steht am Schluss die Erkenntnis, dass ein jeder ein Päckchen zu tragen hat und ich niemandem das seine abnehmen soll oder kann. Und darum stecke ich die Kopfhörer nach jeder kurz beantworteten Frage wieder in die Ohren und schreibe weiter. Und hoffe, dass ich dann bald in Amstetten ankomme… bald, nur noch wenige Minuten. Der Betrunkene erzählt mir inzwischen, dass er „ausm Hefen“ kommt, drei Wochen in Wien war, aus Kärnten stammt und jetzt dahin wieder zurück fährt. Der glatzköpfige Russe der sich am Fenster sitzend schlafend stellt und noch weiter mit dem Alkoholgeruch und dem schwatzenden Säufer durchhalten muss tut mir jetzt schon leid. Gut nur, dass er kaum deutsch spricht und daher kein lohnendes Ziel für die Geschichten des Alkoholikers abgibt. Wir fahren durch den Bahnhof von Blindenmarkt. „Doka“. Mein Zeichen meine Jacke anzuziehen und den Laptop wieder in seiner Tasche zu verstauen. Und dann lasse ich die beiden Männer allein. Den Russen und den Trinker – dessen Kumpane wahrscheinlich vor einer Stunde auf der Zugtoilette eingeschlafen ist.

1
Jan
2010

muss weiter schreiben

Manchmal fühle ich es ganz nahe.
Als könnte ich in die Zukunft sehen.
Als wäre alles nur eine Frage der Zeit
Und der Bestimmung.
Ich muss es fertig schreiben… muss bereit sein es zumindest weiter zu schreiben.
Die Zeit läuft mir davon.
Aber was sind die richtigen Worte?
Gibt es richtige Worte?
Gibt es falsche Worte?
Was ist wirklich und wahr?
Manchmal sind Wahrheit und Wirklichkeit nicht das Selbe.
Manchmal ist das eine Gefühl die Wahrheit, was ich hinter meinem Gesicht in meinem Kopf und unter meinem Stein um den Hals in meinem Herz oder unter meinem Herz in meinem Bauch fühle.
Aber die Wirklichkeit ist nur eine Bühne, auf der ich eine Maske, Schmuck und Vernunft trage.
Und ein anderes Mal denke ich, dass es den wahren Menschen nicht gibt
Sondern nur diese Figur auf der Bühne.
Dem einen nur Freundschaft wo ich Liebe geben sollte, aber es mir nicht traue.
Dem anderen nichts, wo ich Freundschaft geben sollte, aber nicht verzeihen kann.
Manchmal liege ich abends in meinem Bett und denke nach.
Im Dunkel um mich herum höre ich nichts weiter als mein eigenes Atmen, mein eigenes Sein.
Ich sehe nichts als Schatten und noch tiefere Schatten.
Ich rieche den Duft meines Zuhauses, vertraute, warme Gerüche.
Aber mein Kopf denkt an Dinge weit entfernt.
Und ich denke mir, dass das nicht nur so eine Beziehung war.

Und dann lächle ich, weil ich etwas weiß, das einfach so ist.
Was da zwischen uns ist und uns so unglaublich aneinander bindet, über Jahre und Kilometer hinweg, über Tage, Wochen ohne ihn, ohne jeglichen Kontakt zu ihm hinweg, ist auf unserer beider Seiten gleich. Gleich stark und beängstigend und berauschend.

Ich weiß, dass er manchmal genauso in seinem Bett liegt und nachdenkt.
Dass seine Gedanken sich kaum von meinen unterscheiden.
Ich weiß, dass ich ihn in manchen seltenen Momenten vermisse, aber ich bin geduldig.
Ich weiß, dass er mich auch manchmal vermisst. Und dieses Wissen füttert meine Geduld.
Ich weiß, dass ich mehr bin als meine Gefühle zu ihm.
Dass diese Gefühle aber alles beeinflussen, das ich mache, weil er mir Frieden gibt, und Freiheit.

„I can fly, but i want his wings
I can shine even in the darkness, but i crave the light he brings“ (Lamb – Gabriel)

Ich weiß, dass es nicht ums „brauchen“ oder „können“ oder „wollen“ geht.
Es geht lediglich darum, sich das was man hat nicht zu verderben.
Weil ich lebe gut mit dem was ich hab.
Ich bin nicht unglücklich, oder unzufrieden,
nur manchmal etwas ausgehungert.

das Übliche zum Jahresbeginn

Ich hab den Jahreswechsel in Gesellschaft von Freunden verbracht - nicht so wie voriges Jahr in einem Haufen Sozialvampiere. Silvester war gemütlich, gemeinsam waren wir bei einem Freund im 7ten Stock über den Dächern von Wien, saßen auf seinem Hochbett, haben getrunken und geredet.

Leider kann ich mich an nicht mehr viel von unserem Gesprächstoff erinnern, und ich denke dass da über Nacht und Schlaf und Vergessen bedauerlicherweise ein paar Perlen der Weisheit verloren gegangen sind. Sämtliche Erkenntnisse dieses letzten Abends im Jahr 09 werden dort bleiben wo sie entstanden sind, in der Vergangenheit.

"Ich glaube, wir essen dehalb so gern, weil der Geschmacksinn von all unseren Sinnen der intensivste sein muss, weil er ja in uns drin passiert..." - diese eine zweifelhafte Erkenntnis nehme ich mit ins neue Jahr.

Meine Vorsätze fürs nächste Jahr... gibt es eigentlich keine. ich hab noch nie Vorsätze fürs nächste Jahr beschlossen... ich würd sie wahrscheinlich so wie so nicht halten. Nur eines hab ich mir vorgenommen, aber dieser Beschluss steht und hält auch schon seit Oktober, also kann man ihn nicht ganz als "Vorsatz fürs nächste Jahr" bezeichnen... außer man rechnet vom Oktober weg.

Ich fang wieder von vorne an und versuch's so gut es geht besser zu machen.

Mehr kann man doch fast nicht verlangen... oder?
logo

Laufbild aus dem Kopfkino

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Leben
Strebe nicht nach "eh ok." Strebe nach dem absoluten...
Flugschreiber - 23. Mär, 12:18
Kopf zwischen Sterne
(Peter Licht.) Was du nicht kannst ist mehrere Leben...
Flugschreiber - 16. Mär, 18:22
Wieder da und fühlt sich...
Mir ist kalt. Es ist zwar schon kühl im Zimmer und...
Flugschreiber - 18. Okt, 22:48
gefällt mir
uuuuh ich freu mich!! das is alles so spannend!
daisee gell - 20. Apr, 03:09
heute wieder gelesen
Hallo blitzkuh, ich habe schon länger nichts mehr geschrieben,...
Flugschreiber - 9. Apr, 01:34

Links

Suche

 

Status

Online seit 5761 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 23. Mär, 12:18

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren