27
Dez
2009

Gefangenschaft

Jeder hat sein Päckchen zu tragen, egal welches Alter, egal welche Herkunft, egal welcher Beruf, welche soziale Schicht.

Und es gibt bei jedem von uns Süchte. Diese Süchte sind erst in zweiter Instanz eine Suche, in erster Linie beschreibt dieses Wort viel eher die Sehnsucht nach der Befriedigung die wir im Finden empfinden. Wieder eine Sucht. Das Warten. Das Hoffen. Wieder und wieder versuchen. Wieder und wieder die gleichen Fehler begehen. Nicht weg gehen können weil man bis zuletzt hofft das "es" doch passiert. Und dieses "es" ist für jeden was anderes. Für den Einsamen ist es die Liebe, für den Schwachen die Hilfe, für den Gerkränkten leider oft die Rache.

Noch etwas das wir alle in unserem Päckchen haben ist der Zweifel. Ob das was wir uns erhoffen, worauf wir warten tatsächlich kommt. Wenn es dann direkt vor unserer Nase steht sind wir so voll von Zweifel und Unglauben, dass wir es nicht annehmen können.

Oder - in den schwachen Momenten, die ebenfalls jedermanns Last noch erschweren - hängen wir uns auf am schwächsten Strohhalm. Lieben verzweifelt, kämpfen ohne Aussicht auf Sieg, begehen die schlimmsten Fehler, wohl wissentlich dass sie falsch sind. Laufen in eine Richtung in die wir nicht wollen nur um zu laufen, um nicht stehen bleiben zu müssen. Um nicht erkennen zu müssen wie weit wir schon von dem Platz entfernt sind den wir eigentlich erreichen wollten. Vergraben uns in Arbeit, mischen uns ein in Leben die nicht die unserigen sind, in Probleme die wir nicht haben, nur um nicht über die eigenen nachdenken zu müssen. Drängen uns schamlos auf bei Menschen die wir nicht kennen, nur um nicht allein mit einem Bewusstsein voller eigener versagt gebliebener Wünschen übrig zu bleiben.

Jeder fühlt sich hin und wieder gefangen im eigenen Dasein. Der Job läuft schlecht, die Liebe ist gegangen, die Wohnung sieht aus wie ein Schweinestall, es ist kein Essen daheim, man hat so wie so keinen Appetit - fühlt sich aber leer und will sich mit irgendwas vollstopfen. Wer hatte noch nie einen intimen Moment mit jemanden und danach das Gefühl ihn zu nahe heran gelassen zu haben? Wer hatte noch nie das Bedürfnis danach diesen völlig fremden Typen da drüben, der genauso einsam und hoffnungslos aussieht wie ich mich grad fühle, einfach zu umarmen - nur um selbst umarmt zu werden?

Mein Tag hat heute mit diesem Gefühl begonnen, und auch in der Arbeit wurde es nicht besser - über die Ferien ist "tote Hose" und Langeweile lässt solche Gedanken über die Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens schnell zu der Erkenntnis kommen, dass man zuviel Zeit damit verbringt einfach zu warten und zu altern.
Dann hab ich mir "Workingman's Death" angesehen.

Ich bin froh, dass ich einen Job habe der mir genug zu essen beschert und bei dem das Schlimmste das mir passieren kann lediglich ein langweiliger Tag wie heute ist. Ich bin froh über mein WG-Zimmer und meine lieben Mitbewohner, und dass ich viel Bildung genießen darf. Dass ich Bücher hab und schreiben kann. Wenn mir hin und wieder Gesellschaft fehlt, oder der falsche Mann das Richtige sagt, hab ich doch vergleichsweise nur geringe Probleme.
logo

Laufbild aus dem Kopfkino

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Leben
Strebe nicht nach "eh ok." Strebe nach dem absoluten...
Flugschreiber - 23. Mär, 12:18
Kopf zwischen Sterne
(Peter Licht.) Was du nicht kannst ist mehrere Leben...
Flugschreiber - 16. Mär, 18:22
Wieder da und fühlt sich...
Mir ist kalt. Es ist zwar schon kühl im Zimmer und...
Flugschreiber - 18. Okt, 22:48
gefällt mir
uuuuh ich freu mich!! das is alles so spannend!
daisee gell - 20. Apr, 03:09
heute wieder gelesen
Hallo blitzkuh, ich habe schon länger nichts mehr geschrieben,...
Flugschreiber - 9. Apr, 01:34

Links

Suche

 

Status

Online seit 5761 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 23. Mär, 12:18

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren